Zeugnissprache - Die Techniken des Verschlüsselns

Arbeitszeugnisse schreiben und entschlüsseln

Verschlüsselungstechniken verfolgen das Ziel, bestimmte Informationen über die allgemein zum Standard gewordenen Formeln der Leistungsbewertung hinaus in Zeugnissen weiterzuleiten.

Diese Verfahren sind mittlerweile so ausgefeilt, dass sie unsere Vorsicht!-Liste, aber auch unsere Zusammenstellung der gängigsten Qualifikationsmerkmale notwendig machen. Ganz allgemein lassen sie sich wie folgt zusammenfassen:

Weglassen, was Notwendig ist

Von Buchhaltern und Kassierern wird Ehrlichkeit, Diskretion und Zuverlässigkeit erwartet. Für Führungskräfte ist wichtig, dass sie jederzeit das Vertrauen der Unternehmensleitung genossen haben. Wo dies fehlt, sollte man unbedingt auf Erwähnung dringen.

Herausstellen, was selbstverständlich ist

Zum Beispiel durch die Formulierung "Er war als Einkäufer für die Beschaffung von Büromaterial, Werkzeugen und Maschinen zuständig. Besonders hervorzuheben ist, dass er die Geschäftsunterlagen stets geordnet und griffbereit hielt."

Einschränkungen

Sie können sich auf die räumliche ("entsprach insgesamt unseren Erwartungen") oder zeitliche ("Er verhandelte mit unseren Kunden und galt dort [heißt: aber nicht bei uns!] als Fachmann") Geltung von Aussagen beziehen. Vor allem in Verbindung mit dem Erwähnen von Selbstverständlichkeiten kann eine Einschränkung verheerende Folgen haben:

"Er war pünktlich und ehrlich" - da diese Eigenschaften in der Regel Grundvoraussetzungen darstellen, einen Bewerber überhaupt einzustellen, entwertet das Weglassen des Adverbs "stets" alles vorher und nachher Gesagte, und sei es noch so wohlwollend und lobend.

Mehrdeutigkeiten

In Formulierungen wie "mit der ihm eigenen Sorgfalt (aber nicht der unseren)" oder "wir lernten ihn als ... kennen (aber nicht schätzen)" werden Aussagen getroffen, die nur dann einen positiven Eindruck hinterlassen, wenn das zuvor Gesagte eine eindeutig positive Einschätzung nahelegt. Aber selbst dann schwingt ein leicht ironischer Unterton mit, der einen guten Gesamteindruck einschränkt.

Passivierung

Formulierungen wie "... wurde eingestellt/übernommen" oder "ihm wurde ... übertragen" legen die Einschätzung einer unselbständigen Person ohne eigenes Engagement nahe.

Verneintes Gegenteil

Dies findet sich in Formulierunen wie: "nicht unerheblich" (aber auch nicht erheblich), "keine geringen" (aber auch keine bedeutenden), "nicht zu beanstanden" (aber auch nicht zu loben). Hier handelt es sich um die gängigste Bewertungsmethode einer Leistung als eher unter dem Durchschnitt liegend.

Spärlich, ironisch, lakonisch

Spärliches Lob ("hat sich bemüht", "zeigte Interesse") ist stets Kennzeichen einer Leistungsbewertung als weit unterdurchschnittlich. Ironische Aussagen ("wir wünschen ihm alles erdenklich Gute") oder nur beiläufige (lakonische) Erwähnung wichtiger Eigenschaften ("hatte Gelegenheit, ... unter Beweis zu stellen") deuten ebenfalls auf Geringschätzung des Mitarbeiters hin.

Vor allem ein ironisches Überzeichnen, etwa: "Für seine Mitarbeit bedanken wir uns aufs Herzlichste", meint stets das Gegenteil des Gesagten.

Der Teufel im Detail

Auch im Formalen stecken recht häufig Fallen, die gerne übersehen werden, aber verheerende Folgen haben können. Stimmt beispielsweise der Austrittstermin in der Einleitungsformel nicht mit dem Austrittstermin in der Beendigungsformel überein, so wird man ohne zu zögern auf eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber schließen. Das ist in der Regel auch angezeigt sein, wenn der Austrittstermin unüblich datiert ist (also nicht etwa zum 15. oder 30. eines Monats).

Quelle: JOBworld